Momentan sind die Medien voll von Berichten, in denen es um "Rhetorik" geht. Beinahe kein Tag, an dem man im öffentlichen Diskurs nicht auf dieses Wort stößt. Besonders zwei aktuelle politische Ereignisse scheinen es Berichterstattern und Kommentatoren geradezu aufzuzwingen, sich mit der Sprache der beteiligten Akteure genauer zu befassen.
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Zum einen ist da der Wahlkampf in den USA. In diesem Zusammenhang wird fleißig "die Rhetorik der Kandidaten" bzw. "die Rhetorik einzelner, großer Reden" analysiert, Veränderungen in der "rhetorischen Strategie" werden diskutiert, und es wird darüber nachgedacht, inwiefern sich "amerikanische Wahlkampfrhetorik" im Allgemeinen von ihrer europäischen Schwester unterscheide.
"Rhetorik/rhetoric" wird in diesem Zusammenhang oft sehr lose und allgemein gebraucht (in den USA selbst noch sehr viel allgemeiner als in Deutschland) und bezeichnet dann vor allem die strategisch gewählte Art zu sprechen, Art zu argumentieren, Art, Sachverhalte in Worte zu fassen, allgemein jede kommunikative Strategie im weitesten Sinne. Wahlkampfrhetorik in diesem Sinn wird von Journalisten folgerichtig mithilfe von Adjektiven wie kämpferisch, friedlich, emotional, rational, bedächtig, irreführend etc. klassifiziert.
Wahlkampf in den USA ist zum großen Teil ein Duell zwischen den beiden Spitzenkandidaten. Er wird von Beteiligten und Beobachtern mental als sportliches Duell konzipiert und als solches dann auch betrachtet und bewertet. Wer hat welche Waffen zur Verfügung? Wer kennt welche Kombinationen und Schläge (strategisches Potential)? Wer setzt welche Hiebe wann ein (tatsächliche Strategie)? Wer hat bestimmte Angriffe des anderen bereits vorhergesehen und kann sie erfolgreich abwehren (Antizipations- und Verteidigungsfähigkeit)? Wer schlägt unter die Gürtellinie (dirty campaigning)? Wer begeistert das Publikum (die Wähler) besser für sich? ...
Ein rhetorischer Schlagabtausch im Wahlkampf kann so mit einem olympischen Fechtturnier verglichen werden, wobei das Fechtgerät in den Händen der Kandidaten in diesem Fall ihre Worte sind. Die Art, wie diese strategisch verwendet werden, um den Wahlsieg zu erringen, wird "die Rhetorik der Kandidaten" genannt.
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Zum anderen war die Eskalation der Gewalt im Georgien-Konflikt Anlass für die Medien, ausführlich über die sprachliche Behandlung dieses traurigen Ereignisses in Diplomaten- und Politikerkreisen zu berichten, aber auch den eigenen sprachlichen Umgang mit dem Thema zu reflektieren. Eine Veränderung in Ton und Vokabular war schließlich kaum zu überhören. Von einem Rückfall "Rhetorik des Kalten Krieges" war schnell die Rede, dann von einem neuen Kalten Krieg.
Auch in diesem Zusammenhang geht es zunächst wieder um die Art, wie Sachverhalte in Worte - und auch Bilder, Karikaturen etc. - gefasst werden, wenn von "Rhetorik" die Rede ist. Vom sportlichen Charme eines geregelten Duells kann dabei jedoch keine Rede sein. Hier geht es um Krieg.
Worauf es den Journalisten in der Berichterstattung ankommt, sind hauptsächlich die mentalen Muster in den Köpfen der Akteure, die als Auslöser hinter den Worten vermutet werden. Eine wiederauflebende Rhetorik des Kalten Krieges bei politischen Treffen und in den Medien weist darauf hin, dass viele Akteure (sowohl Diplomaten als auch Journalisten) die Situation bereits wieder in Denkkategorien des Kalten Krieges erfassen. So liegt die Befürchtung nahe, Diplomaten und Politiker könnten im Fortgang der Ereignisse nicht nur wieder auf die vermeintlich überholten Sprach-, sondern automatisch auch auf die Handlungsmuster des Kalten Kriegs zurückgreifen.
Donnerstag, 4. September 2008
"Rhetorik" in den Medien
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