Gerade im Literaturcafé gelesen: Kurt Vonneguts hinterlistige Ratschläge für kreatives Schreiben:
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- Gehen Sie mit der Zeit eines wildfremden Menschen so um, dass er nicht das Gefühl hat, die Zeit verplempert zu haben.
- Geben Sie dem Leser mindestens eine Figur, der er die Daumen drücken kann.
- Jede Figur sollte etwas wollen, und sei es nur ein Glas Wasser.
- Jeder Satz muss eins von zwei Dingen tun: Charaktereigenschaften enthüllen oder die Handlung vorantreiben.
- Fangen Sie so nah am Schluss an wie möglich.
- Seien Sie Sadist. Egal, wie süß und unschuldig Ihre Hauptpersonen sind - lassen Sie ihnen schreckliche Dinge zustoßen, damit der Leser sehen kann, wie sie beschaffen sind.
- Schreiben Sie so, dass es nur einem einzigen Menschen gefällt. Wenn Sie ein Fenster aufreißen und es mit der ganzen Welt treiben, sozusagen, zieht sich Ihre Geschichte eine Lungenentzündung zu.
- Geben Sie Ihrem Leser sobald wie möglich soviel Informationen wie möglich. Soll die Spannung doch sehen, wo sie bleibt. Die Leser sollten so umfassend darüber Bescheid wissen, was wo und warum vorgeht, dass sie die Geschichte selbst zu Ende führen könnten, falls Kakerlaken die letzten paar Seiten gefressen haben.
Alles klar? Wenn nicht, gibt es noch einen lapidaren Nachsatz:
Der Mensch, der in meiner Generation die besten amerikanischen Kurzgeschichten schrieb, war Flannery O’Connor (1925-1964). Sie hat praktisch bis auf die erste jede meiner Regeln verletzt. Große Schriftsteller neigen zu so was.
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Was einmal mehr zeigt, dass gute Texte entstehen, wenn Autoren die Regeln beherrschen, und sehr gute Texte entstehen, wenn Autoren die Regeln beherschen und zugleich ein Gespür dafür haben, in welchen Fällen sie sie verletzen sollten.
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