Donnerstag, 22. Mai 2008

Ratgeber über Ratgeber

Rhetorik-Ratgeber gibt es wie Sand am Meer, aber welche davon taugen etwas und welche eher nicht?

  • 'Spielend überzeugen in nur 10 Tagen!' - Seien Sie vorsichtig bei Rhetorik-Ratgebern, die zu viel versprechen. Rhetorik ist - als Theorie - ein hochkomplexes Fachgebiet und - als Praxis - eine komplizierte Kunst, die sehr viel Training, Übung und Erfahrung verlangt, bis man sie beherrscht. Sie würden ja auch keinem Buch trauen, das Ihnen 'Meisterhaft Geige spielen in nur 10 Tagen' oder 'Fließend Chinesisch sprechen in 2 Wochen' verspricht.
  • 'Die zehn Gebote gelungener Rhetorik' - Misstrauen Sie Rhetorik-Ratgebern, die mit Begriffen wie 'Regeln', 'Gesetze' oder 'Gebote' arbeiten, besonders wenn eine begrenzte Liste 'der' 10, 20 oder 100 Regeln versprochen wird, die es nur zu beachten gelte und schon stelle sich der Erfolg in 'der' Kommunikation wie von alleine ein. Solch eine begrenzte Anzahl universaler, leicht erlernbarer Regeln gibt es nicht; schon weil die Vielfalt der möglichen sozialen Situationen unter denen Kommunikation heute stattfinden kann, die Vielzahl der Charaktere der Kommunikationsteilnehmer, die unterschiedlichen Möglichkeiten der Medialisierung von Texten, die Anzahl der möglichen Textsorten etc. praktisch unüberschaubar ist. Dieselben Regeln gelten deshalb immer nur für winzige Ausschnitte des Kommunikationsuniversums, wenn überhaupt. Besser ist es daher, sich für den Anfang gewisse Methoden und Kompetenzen anzueignen, die je nach Situation modifizierbar sind - oder sich eben auf einen kleinen, für Sie relevanten Ausschnitt des Kommunikationsuniversums zu beschränken. Universale Regelrhetoriken folgen einem Konzept, das (tatsächlich!) dem Mittelalter entstammt. Fallen Sie nicht darauf herein.
  • 'Die Macht der Worte', 'gefährliche Rhetorik', 'verbotene Manipulationstechniken'... - In der Tat ist die Kunst des Überzeugens eine Fähigkeit, die seit Jahrtausenden mit Begriffen wie 'Macht' und 'Magie' in Verbindung gebracht wird. Klar, Bücher die Macht versprechen, verkaufen sich besser, als Bücher, die keine derartigen Versprechungen machen. Ein Rhetorik-Ratgeber allein wird aus Ihnen aber in keinem Fall einen übermächtigen Wortzauberer machen. Lassen Sie sich nicht von derartigen Rhetoriktricks(!) beeinflussen. Machen Sie Ihren Kauf nicht von der Größe des Versprechens auf den Buchdeckeln abhängig, sondern lieber von der Qualität des Inhalts zwischen diesen Buchdeckeln.
  • Wer schreibt da eigentlich und bei welchem Verlag? - Sehen Sie sich genau an, welche fachlichen Qualifikationen der Autor des Ratgebers hat. Viele Rhetorik-Ratgeber werden von Autoren verfasst, die nicht besonders viel theoretisch-fachliche Qualifikation mitbringen. Oftmals wollen sich diese Autoren mit ihrem Buch sozusagen selbst als Rhetorik-Trainer qualifizieren, um später mit ihrem Ratgeber für sich werben zu können: "Klar, der hat zwar Kunstgeschichte studiert, aber er hat schon mal ein Buch über Rhetorik geschrieben, da muss er ja wohl was von der Sache verstehen". - Ein klarer Fehlschluss. Schauen Sie sich außerdem an, auf welchem Gebiet der Autor tätig ist. Jemand, der z.B. Verkäufer trainiert, muss nicht unbedingt kompetent sein, wenn es um das Thema 'Festtagsrede' geht. Oftmals lässt auch der Name des Verlags, bei dem ein Ratgeber erscheint, bereits gewisse Schlüsse auf die Qualität des Ratgebers zu. Verlage, die dafür bekannt sind, qualitativ hochwertige Ratgeber zu verlegen, geben ihren guten Namen nur sehr selten für schlechte Werke her.

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